Ich durfte erstmals 1985 eine Vorführung mit einem Elektrostaten erleben und bin seitdem diesem Wandlerprinzip treu geblieben. Obwohl es sich nach meinen heutigen Vorstellungen nicht um einen besonders guten Elektrostaten handelte, war dessen Wiedergabe so viel besser als bis dato gehörtes, das ich zum ersten Male verstand, was jemanden dazu gewegen könnte richtig viel Geld für eine HiFi-Anlage in die Hand zu nehmen......
Es wäre auf Dauer billiger, als einen Konzertsaal im Garten zu bauen und Musiker einzufliegen. Denn da stand auf einmal Salomon Burke life in seiner ganzen Körperfülle vor mir und sang: "A change is gotta come". Wie recht er doch hatte. :-)
Elektrostaten arbeiten mit großen ultraleichten Membranen die dem Musiksignal viel leichter und präziser folgen als es ein herkömmlicher dynamischer Lautsprecher je vermöchte.
Der Klang eines elektrostatischen Wandlers zeichnet sich dann auch durch eine Wiedergabequalität und Authentizität aus, die kein anderes Prinzip auch nur annähernd erreicht.
Die Membran, eine dünne Kunststofffolie, befindet sich mittig zwischen zwei als Statoren bezeichneten Elektroden. Die Elektroden können nahezu jede beliebige Größe und Form annehmen, sei es rund, eckig, oder gewölbt. Abstandhalter zwischen Membran und Statoren sorgen für einen gleichmäßigen, zentrierten Abstand. Zur Funktion muss die Membran eine elektrische Ladung eingeprägt bekommen. Es gibt für Kopfhörer- und Mikrofon-Anwendungen sowie für sehr kleine ESL-Panele sogenannte Elektret-Folien mit quasi ´eingefrorener´ Ladung.
Für Lautsprecherpanele wird die Ladung aber über ein Hochspannungsnetzteil bereitgestellt (im Prinzipbild das mit + und - gekennzeichnete Bauteil). Damit sich die Ladung gleichmäßig über die gesamte Membran verteilen kann wird sie mit einer schwach leitfähigen Beschichtung versehen.
Die Stator-Elektroden werden über einen Übertrager mit dem antreibenden Verstärker verbunden. Nur mit sehr hohen Signalspannungen bildet sich ein ausreichend kräftiges, homogenes elektrisches Feld zwischen den Statoren aus. Das Feld wirkt unmittelbar auf die Membranladung ein und bewegt die Membran dem Musiksignal folgend. Da der Antrieb vollflächig und linear erfolgt, braucht die Membran keine Steifigkeit aufweisen, sondern kann aus einem weichen dämpfenden Material bestehen.
Zur Anwendungen kommen nahezu ausschließlich Polyester (PET) Membranen unter dem Markennamen Mylar oder Hostaphan in Dicken ab 0,5µm für Kopfhörer bis etwa 25µm für große Basspanele. Die meisten Hersteller verwenden 6µm und 12µm dicke Folien. Ich nutze 3,5µm und 4,8µm Stärken. Menschliche Haare weisen einen ca. 10-20fachen Durchmesser auf!
Die Masse von Folien unterhalb 6µm ist so gering, daß sie innerhalb des Audiofrequenzbereiches keinerlei Rolle spielt. Daher bekamen Elektrostaten auch den Beinamen "masselose Lautsprecher".
Erst dickere Folien führen zu einem leichten Masse-bedingten Abfall zu den höchsten Frequenzen. Im Vergleich dazu leidet selbst ein leichter 25mm-Kalottenhochtöner schon ab nur wenigen kHz unter Masse-bedingten Effekten.
Von Anfang an habe ich mich auf Hybriden konzentriert, also Lautsprechern mit elektrostatischem Mittel-Hochtonteil und dynamischem Bassteil.
Die Überlegenheit des ESL beschränkt sich nämlich nur auf einen breitbandigen Frequenzbereich von ca. 150Hz bis über 20 kHz. Unterhalb 150Hz ist der ESL kein wirklich guter Wandler. Sobald das Audiosignal Membranauslenkungen von mehr als +-0,5mm erfordert ist schnell die ganze Pracht entzaubert. Dynamische Basslautsprecher sind hier eindeutig überlegen.
Da dynamische Lautsprecher eine größeres Kraft-pro-Fläche-Produkt aufweisen, können sie die gleichen Pegel mit deutlich kleinerer Membranfläche erzeugen. Es sind somit deutlich kompaktere Basslösungen möglich. Aufgrund ihres Aufbaus ist die Grundresonanz gut gedämpft. Typischerweise findet man Güte-Faktoren Qt unter 0.5, so dass ein Gehäuse nötig wird um die Basswiedergabe aufzupeppen.
Die straff gespannte Elektrostatenmembran dagegen weist aufgrund der mangelnden Dämfung eine deutliche Resonanzspitze von +10dB und mehr auf . Erwartet jemand ernstlich sauberen Bass bei Qt-Faktoren deutlich größer 1? Die Resonanz lässt sich kontrollieren, oder in Maßen dämpfen, indem das Panel in unterschiedlich große mechanische Segmente unterteilt wird, oder Dämpfungsmaterial eingesetzt wird. Aber diese Maßnahmen verringern die Effizienz (die ohnehin schon sehr gering ist) und/oder machen sich akustisch und/oder optisch nachteilig bemerkbar.
Was den Bass des Vollbereichs-ESL überhaupt nur rettet ist die übliche Bauart als gehäuseloser Dipolstrahler, der die Raummoden anders anregt als ein Kugelwellenstrahler und deutlich dröhnfreier spielt. Allerdings ist die Tendenz zu einem One-Note-Bass und einer deutlichen Ausdünnung im Grundtonbereich kaum in den Griff zu bekommen. Ein dynamischer Bass ebenfalls als Dipolstrahler betrieben legt die Messlatte für ESLs in Punkti Baugröße, Dynamik, Präzision, Effizienz und Verzerrungsarmut unerreichbar hoch.
Oberhalb ca. 150Hz beginnt das Hoheitsgebiet des ESL. Er spielt seine große und extrem leichte Membran, seinen linearen Antrieb und seine Breitbandigkeit von mehr als 7 Oktaven vorteilhaft aus. Da die nötigen Membranauslenkungen oberhalb 150Hz sehr klein werden sind kleine Stator-Stator-Abstände von 2mm und weniger möglich. Kleine Stator-Stator-Abstände erhöhen die Effizienz und den Maximalpegel. Der Dynamikbereich zu geringen Pegeln hin (auch Auflösungsvermögen) ist traditionell die Domäne des ESL. Die Membran ist ideal an die Luft angekoppelt, ihre Masse spielt innerhalb des Audiobereiches keine Rolle und der lineare Antrieb wirkt vollflächig quasi direkt auf die Luft ein. Ein ESL zerrt bereits feinste Details einer Aufnahme ans Tageslicht, wenn der dynamische Lautsprecher noch nicht einmal gemerkt hat, daß ein Signal überhaupt an seine Anschlussklemmen anklopft. Da helfen weder Pappe, Metall, Keramik oder gar Diamant als Membran. Diese wie selbstverständlich vorgetragenen feinsten Details tragen entscheidend zu einem authentischen Klangeindruck bei.
In der Grobdynamik hingegen galten und gelten ESLs als deutlich unterlegen. Allerdings gilt das nur für Vollbereichs-ESLs und minderwertige Inkarnationen von Hybrid-Panelen. Gut gemacht kann ein ESL mit klassischen dynamischen Direktstrahlern nicht nur mithalten sondern kommt sogar großen Hornsystemen durchaus nahe.
Mein ´kleines´ Panel (125x25cm, Einsatz ab 200Hz) erzielte bei der Messung durch Prof. Anselm Görtz an der RWTH Aachen beispielsweise einen Maximalpegel von 110dB@4m. Umgerechnet auf die Standardmessung eines Kugelstrahler in 1m Abstand ergäbe das 122dB.
Dabei ist zu berücksichtigen, daß die Dynamikentwicklung linear erfolgt, da die thermische Kompression der aufheizenden Schwingspule des dynamischen Lautsprechers beim ESL prinzipbedingt entfällt und das eine Zylinderwelle ´weiter trägt´ als eine Kugelwelle. Über die Hörentfernung verglichen ist der Pegel einer Zylinderwelle viel gleichmäßiger verteilt.
Der Klirrfaktor bei Maximalpegel blieb im gesamen Arbeitsbereich unter 0,3% (der Eigenklirr der B&K-Mikrokapsel von 0,15-0,20% nicht herausgerechnet!). Bei üblichen Mess- und Abhörpegeln verzerrt das Panel durchaus auch mal weniger als die angeschlossene Elektronik. Ein stabiler 50W-Verstärker wäre hierfür ausreichend, mit einem 100W-Verstärker kann das Panel mit Reserven voll aussteuern.
Das Problem bei Hybrid-Elektrostaten ist die Verkopplung von ESL und dynamischem Bass zu einer homogenen Gesamtheit. Konsequent angegangen wird insbesondere der Bassteil aufwändig und zwangsläufig teurer als die meist zu findenden einfachen, geschlossenen oder -weitaus schlimmer noch- reflexenden Bassbüchsen. Wenn an der Trennstelle von Bass und ESL weder die akustischen Flankensteilheiten der Frequenzweiche noch die Abstrahlcharakteristiken ansatzweise änhlich sind, ist kein nahtloser Übergang zu erwarten. Das äussert sich in einem träge wirkenden Bass, der anscheinend immer hinterherhinkt, so dass das Märchen entstand, dass träge Pappe und schnelle Folie nicht zusammen passten. Geschürt wurde und wird die Mär von HiFi-Gazetten und -Foren von Leuten, deren Verständnis von Elektrostaten mit "groß und teuer" bereits vollständig erschöpft scheint. Zwar ist das vergleichende Bild eines Rennens wie eines " F1-Boliden gegen einen Panzer" sehr einprägsam, faktisch jedoch falsch. Masse und Beschleunigungsfähigkeit sind hier nicht die Problemstellen.
Die konsequente Umsetzung des Konzeptes und die Lösung des Ankopplungsproblems von Bass und ESL sind in beiden purist-ESL aufgezeigt.
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