unter einem Direktantrieb versteht man einen Plattenspieler, bei dem der Plattenteller direkt mit dem Rotor des Motors verbunden ist, oder einen integralen Teil des Rotors darstellt. Die Motordrehzal entspricht der Drehzahl des Plattentellers.
Der Direktantrieb stellt die Königsklasse der Plattenspielerantriebe dar.
Gleichzeitig findet man im Umfeld Äusserungen wie Plastikbomber, Billigantrieb und dem Riemenantrieb unterlegen.
Nun gibt es den Direktantrieb ebenso wenig wie es den Riemanantrieb gibt.
Grund genug etwas Licht ins Dunkel zu bringen und vielleicht auch ein paar schräge Vorstellungen gerade zu rücken.
Direktantriebe lassen sich mit verschiedensten Motortypen und Steuerungen verwirklichen. Ich möchte mich auf bürstenlose Gleichstromläufer und deren Regelungen konzentrieren, wie sie von den meisten Firmen benutzt werden.
Wechselstromläufer setzte m.W.n nach nur Denon in bedeutenden Größenordnungen ein.
Dual, Technics, Sony, Pioneer, Kenwood und andere griffen auf die Gleichstrommotoren zurück.
Um zu verstehen warum der Direktantrieb in seiner weitesten Ausbaustufe mit PLL-Regelschleife tatsächlich überlegen ist, muss erst mit einer weit verbreiteten aber völlig falschen Sicht aufgeräumt werden, wie so eine Regelung wirkt.
Es herrscht offenbar die Vorstellung, daß eine Direktantriebsregelung quasi digital antreibt, also mit kurzen Schüben mit vollem Motordrehmoment wenn der Teller zu langsam ist, oder gar nicht, wenn er ´zu schnell´ ist.
Das trifft nicht zu! Die Vorstellung, das dem Teller einzelne kräftige Anschubser verabreicht werden und nur das Trägheitsmoment des Tellers sie zu einer mehr oder minder gleichmäßigen Rotation glättet, ist grundlegend falsch.
Statt dessen wird der Motorstrom kontinuierlich, sanft gleitend und gerade so eingestellt, das Reibungsverluste durch Lager, Nadel und vielleicht noch einen Reinigungsbesen ausgeglichen werden. Das Motordrehmoment wird nach dem jeweiligen Bedarf abgerufen. Aus diesem Grund und der schnellen ´Reaktion´ der Servo-Schleife ist es faktisch unmöglich, das der Teller je zu schnell dreht.
Für den Heimbereich sind daher die schwächeren Antriebe z.B. eines Technics SL-5210, oder SL-Q2, exakt genauso gut wie die High-Torque Laufwerke aus dem DJ-Bereich, der Technics SL-1200MK2 et al, der übrigens mit dem gleichen Chipsatz ausgestattet ist.
Das DJ-Laufwerk muss den stärkeren Antrieb aufweisen um die größere Belastung z.B. durch Scratching ausgleichen zu können.
Anders gesagt bleibt die Drehzahl über einen größeren Lastbereich stabil, nicht mehr, nicht weniger.
Sieht man in das Service Manual fällt auf, das der Unterschied zwischen den Antrieben der Laufwerke fast ausschliesslich in einer höheren Versorgungsspannung des Motors von 21V statt 12V liegt.
Es kommen der gleiche Motor, ein gleiches Lager, der gleiche Chipsatz und bis auf wenige Bauteile sogar eine komplett gleiche Beschaltung zum Einsatz.
Historisch ist die erste und einfachste Regelung eines bürstenlosen Gleichstrom-Direktantriebes ein sogenannter E-Servo. Hierbei wird von den überwiegend drei Phasensträngen des Motors im Wechsel immer nur einer bestromt.
Die zwei derweil unbestromten Stränge erzeugen nach dem Dynamoprinzip (electromotive force, daher E-servo) eine der Geschwindigkeit proportionale Spannungen. Über ein Diodennetzwerk werden diese Spannungen summiert, gleichgerichtet und das wellige Signal über Filter geglättet. Anschließend vergleicht eine Komparator-Schaltung die Drehzahl-abhängige Spannung mit einer Referenzspannung, die gewöhnlich umschaltbar und per Poti für 33,3 und 45U/min pitchbar ist.
Das Ausgangssignal der Komparatorschaltung ermöglicht dann die Steuerung des Motorstromes und damit der Drehzahl.
Die Glättungsfilter fügen dabei durch ihre notwendigerweise großen Zeitkonstanten eine zusätzliche ´Reaktionszeit´ zur mechanischen Trägheit hinzu.
Die dadurch geringere Regelpräzision, schlechtere Last-Ausregelung und die Drift über Zeit und Temperatur lassen die anderen Regelungen dem E-Servo überlegen aussehen. Dafür ist der Aufwand für die Elektronik am geringsten und es wird kein spezieller Drehzahlsensor benötigt.
Typischerweise findet man diese Regelungen bei schwereren Tellern ab 2kg Gewicht und mit großem Trägheitsmoment versehen.
Vertreter dieser Art sind der DUAL 701 (mit EDS1000 Motor, wahrscheinlich der beste jemals gebaute Motor), oder Technics SP10MK1, SL-1800, SL-1900, etc. bis etwa Anfang der 80er Jahre.
Eine Verbesserung und Verfeinerung stellt der F-Servo dar. Hier werden alle Phasenstränge bestromt.
An dem Motor, bzw dem Teller ist ein Sensor angebracht, der der Drehzahl proportionale Pulse erzeugt. Überwiegend findet man elektromagnetische Sensoren, bei denen ein mit dem Teller umlaufender Magnet in einer mäanderförmig geformten Spule Pulse mit einer Frequenz von 50-200Hz erzeugt. Sony, Denon und Fisher verwenden ein einer Bandmaschine ähnliches Prinzip mit einem dünnen umlaufenden Magnetband und fest stehendem Tonkopf. Das erlaubt höhere Pulsfrequenzen mit 500-1000Hz. Seltener werden optische Systeme mit Lichtschranken und Rasterscheiben verwendet mit Pulsfrequenzen bis 4000Hz.
Die Pulse werden in einem Frequenz-nach-Spannung-Konverter (F/V) in eine Drehzahl-proportionale Spannung umgesetzt und nachgefiltert. Verfeinerte Systeme nutzen als F/V-Konverter Sample-and-hold-Schaltungen, die den Vorteil gegenüber den klassischen Konvertern haben, daß die Schaltung ohne die reaktionsträgen Filter auskommen und somit ´schneller´ und feiner reagieren.
Die Ausgangsspannung wird dann wie beim E-Servo mit einer Referenzspannung verglichen und so der Motorstrom gesteuert und die Drehzahl geregelt. Die Erfassung der Ist-Drehzahl in einer Pulsfolge reduziert die möglichen Fehlerstellen und erlaubt somit eine genauere und weitgehend driftfreie Regelung. Dafür ist der Aufwand durch den Drehzahlsensor größer als beim E-Servo.
Vertreter dieses Servo-Antriebes ist z.B. der Technics SL-D2.
Ab Mitte der 70er löste der F-Servo den E-Servo fast vollständig ab.
Das bestmögliche Ergebnis erzielt die PLL-Servo-Regelung, allerdings auch mit dem grössten Aufwand. Man erkennt, das zur F-Servo Schaltung noch ein Oszillator und ein Phase-nach-Spannung-Konverter (P/V) hinzu kommen. Der Oszillator ist entweder als klassischer RC-Schwinger oder als Quartz-Schwinger aufgebaut. Oft ist durch die leichte Veränderbarkeit im Pitchbetrieb ein RC-Oszillator aktiv und im Quartz-Lock Betrieb ein Quartz-Oszillator. Beim SL-1200MK2 ermöglicht ein zusätzliches IC im Chipsatz auch den Quartz-gelockten Pitchbetrieb.
Der Oszillator liefert Pulse mit hochstabilem Takt an den P/V-Konverter als Referenzsignal. Der F/V-Konverter liefert dazu ein der Drehzahl proportionales Taktsignal zum Vergleich. Der P/V-Konverter vergleicht die zeitliche Zuordnung der Signalflanken und wandelt diese in eine Spannung um, welche mit der Referenzspannung verglichen wird und zur Motorregelung dient. Da die P/V, bzw. PLL auf das zeitliche Ereignis der Signalflanken regelt, ´rastet´ sie exakt auf die Referenzfequenz, bzw. die Phasenlage der Signalflanken aus dem Oszillator ein. Die F/V-Regelung und die P/V-Regelung arbeiten quasi parallel, wobei die F/V als eine Art Vorhalt dient und die P/V dann die ´Feinarbeit übernimmt´.
Der Unterschied der Regelungen ist mit Hilfe eines Stroboskops zu sehen.
Bremst man den Teller per Hand ab, verändert sich die Position des Leuchtpunktes und verbleibt an der neuen Position wenn man den Teller wieder freigibt.
Bei der PLL-Regelung läuft der Leuchtpukt wieder in seine ursprüngliche Position zurück. Bekannte Vertreter dieses Servos sind praktisch alle größeren Modelle japanischer Hersteller, z.B. von Technics seit dem SP-10MK2.
F-Servo-Laufwerke beschränkten sich ab der zweiten Hälfte der 80er nur noch auf Einsteiger-Modellle.
Vergleicht man die Regelsysteme erkennt man unschwer, das die PLL-Servoregelung in jeglicher Hinsicht die genaueste, stabilste und feinfühligste Regelung darstellt.
Das sie und Direktantriebe im allgemeinen bei vielen HighEndern einen schlechten Ruf haben, liegt nicht am Prinzip an sich, sondern an der Umsetzung und geschickter Propaganda der Vertreter und Fans der Riemen-getriebenen Laufwerke.
Die verfeinerten Servoregelungen erlaubten es den Herstellern auf immer leichtere Teller und schwächere Motoren zu setzen, da für präzisen Gleichlauf weder die Massenträgheit der Teller noch ein hohes Drehmoment erforderlich war.
Nutenlose, eisenlose Motoren mit geringerem Polruckeln und verringerter Anzahl an Phasensträngen, die deutlich flacher bauten, konnten eingesetzt werden und wurden samt Lager und Steuerung als kompakte, günstig zu fertigende Baugruppen aufgelegt. Die Hersteller setzten mehr auf Komfort in der Bedienung. Insgesamt litten die Qualität und vor allem die Haptik und Optik der Geräte darunter. Der Begriff ´Plastikbomber´ spricht für sich.
Bei den Riementrieblern ging die Entwicklung dagegen in die Richtung zu immer imposanteren und schwereren Ausführungen. Auch hier spricht der Begriff ´Bohrinseln´ Bände. Über das hier vielfach an falschen oder irrelevanten Stellen betriebene Overkill-Design täuscht dann die schiere Masse und Altar-gleiche Präsenz dieser Maschinen hinweg. Begleitet wird das gerne von Marketing, das den Eindruck erwecken will, der Hersteller habe als Einziger die einzige und endgültige Lösung einer herkulischen Aufgabenstellung gefunden, gegen das die Mondlandung wie eine schnöde Fingerübung wirkt. Da mit dem weitgehenden Verlust an messtechnischer Kompetenz in der besprechenden Presse ein wichtiges Vergleichsnormal entfällt, könnten Hersteller und Vertriebe ohne einen Nachweis zu führen Daten und Spezifikationen weitgehend frei "erfinden".
Das das allzu häufig an physikalischen und elektrotechnischen Wahrheiten und Möglichkeiten vorbei konstruierte Schwergewicht hyperempfindlich auf kleinste Variationen reagiert, muss man halt hinnehmen, weil es in den kurzen Zeitzwischenräumen wo es mal die 33,3U/min trifft ansonsten ja überragend klingt. Dem geneigten HighEnder, der sich mit tapferer Hingabe seinem Hobby widmet eröffnen solche Bugs -sorry, Features natürlich- eine Spielwiese durch die er aktiv und glücklich werden kann durch vielerlei Tweaks und Tunings.
Bei Sonnenschein wird der Faden aufgezogen, bei Übergangswetter das Tape und bei Regen der Riemen, natürlich fein austariert in der mechanischen Spannung und alle zwei Stunden nachkontrolliert, da sonst das Timing nicht mehr stimmt.
Welch ein Schock, wenn dann ein Oldtimer aus der Hochzeit der guten Direktantriebler im direkten Vergleich sich so gar nicht unterkriegen lässt und den lange ausklingenden Klavierton mit stupender Pitchstabilität präsentiert ohne lang drumherum zu eiern.
Selbstverständlich gibt es auch bei Riementrieblern hervorragende Laufwerke, aber auf was meint ein Hersteller sich eigentlich etwas einbilden zu können, der nicht einmal über das KnowHow verfügt einem Motor eine anständige Regelung bei zu stellen, sondern einen popeligen Sinusgenerator zur Ansteuerung eines Synchronmotors als OEM einkaufen muss?
Leider lassen sich Direktantriebsmotoren samt Regelung heutzutage kaum mehr wirtschaftlich neu auflegen, aber als DIYer hat man immer noch eine reiche Quelle an bewährten gebrauchten Spender-Antrieben zur Verfügung, die zu hervorragenden Laufwerken aufgebaut werden können.
Meine Projekte basieren auf Technics-Antrieben mit dem Motor und Chipsatz der im Technics SL-1200MK2, als auch im SL-Q2, SL-Q3, Grundig PS-4500 und anderen eingesetzt wurde. Durch etwas Servicing und Tuning der Elektronik, Verbau in anständige Zargen und mit einem guten Tonarm versehen, lassen sich diese bewährten, stressfreien Antriebe auf ein Niveau heben, das haptisch, optisch und akustisch keinen Vergleich scheuen muss.
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