Wie pimp ich einen alten Technics zu einem puristischen Laufwerk?
Ausgangspunkt dieses Projektes war der Wunsch nach einem guten, bezahlbaren und optisch sehr wertigen Plattenspieler
Gab es in früheren Jahren durchaus Versuche und Interesse an großen, Riemen getriebenen Masselaufwerken, sogenannten Bohrinseln, bevorzuge ich heute ein eher schlichtes schnörkelloses Design.
Mir gefällt z.B. der Bauer DPS ausnehmend gut. Konzeptionell handelt es sich um einen Riementriebler mit mehrschichtigen Zargenaufbau. Zu sehen ist er hier mit einem Naim Aro Tonarm.
Vom technischen Standpunkt her finde ich Direktantriebe aber eleganter.
Das Angebot an direktgetriebenen neuen und gebrauchten Plattenspielern ist noch sehr groß, wobei die Mehrzahl der neuen Modelle Kopien oder Abkömmlinge der Technics HiFi- und DJ-Dreher sind. Die ´großen´ Modelle sind immer noch absolute Stars, kosten aber auch entsprechend. Die Unterschiede in den Modellen betreffen die Tellerabmessungen und -Gewichte, sowie die Ansteuerelektronik. Die Tellerlager und Motoren sind nahezu identisch.
Die 30er und 50er Serie waren Anfang der 80er Jahre die ersten mit Quartz-PLL Kontrolle versehenen Technics. Mit Glück konnte ich für 15€ einen SL-5210 bei ebay ersteigern. Die technisch nahezu identischen 10er Serie (SL-1210 bis SL-1710) sind dagegen preislich meist weit überbewertet. Da mich nur Teller und Antrieb interessierten spielte der Zustand der Zarge und der Haube keine Rolle. Wichtig war mir ein guter Zustand des Tellers und des Lagers. Glücklichwerweise war der Spender wohl nur wenig und pfleglich genutzt worden und stammte offenbar aus einem Nichtraucherhaushalt. Der Zustand der wichtigen Teile ist hervorragend.
Gemäß dem Schichtzargen-Konzept des Bauer DPS entwarf ich eine Zarge aus mehreren Schichten Holzwerkstoffen, dämpfendem Material und Schiefer.
Die Elektronik besteht aus einem 3-Chip Satz.
Dem Motor-Treiber-IC AN640G, dem PLL-Regler-IC AN660 und dem Frequenzgenerator-IC DN860.
Hinzu kommt ein Operationsverstärker uPC4558, der das Signal der Frequenzgeneratorspule des Motors aufbereitet. Weiter finden sich ein Paar Transistoren als Treiber der Motorspulen und in der Spannungs-versorgung. Die Bedienung erfolgt über mechanische Schalter.
Aufgrund des Alters der Baugruppe und des neuen Designs wurde die Elektronik überarbeitet und angepasst. Die mechanischen Schalter sollten durch kapazitive Touchsensoren ersetzt werden. Alle Elektrolytkondensatoren wurden durch neue und teils mit größeren Werten ersetzt. Der einfache Netztrafo mit folgender Gleichrichtung wurde durch ein hochwertiges 10W Schaltnetzteil ersetzt.
Zwar wird die Spannung durch einen Regler gesiebt, nichtsdestotrotz schlägt diese einfache Versorgung bis in die Regelung durch und macht sich klanglich bemerkbar. Der Reglertransistor muss dank der niedrigeren Gleichspannung des Schaltnetzteils deutlich geringere Verlustleistung abführen und läuft deutlich kühler. Der Funktionsumfang wurde reduziert auf das notwendige, Ein-/Ausschaltfunktion und 33-/45-Umschaltung. Pitch-Steller, Beleuchtung, etc. wurden dagegen stillgelegt.
Letztlich erwiesen sich die kapazitiven Sensoren hier als zu empfindlich und so wurden in die Schieferplatte zwei kleine zusätzliche Löcher gebohrt und kleine mechanische Taster eingesetzt. Über FlipFlops werden die Tasterimpulse in feste Schaltzustände gewandelt.
Auf der Platine befinden sich zwei Potis zum Abgleich der Drehzahl und dem Tracking der PLL-Schleife. An dieser Stelle entscheidet sich meiner Ansicht nach die Klangqualität eines Direkttrieblers gegen einen Riementriebler. Ein DD stelllt die Drehzahl ungleich schneller als ein Riementriebler.
Es sind in der Regelschaltung Sample-And-Hold (S-H) Schaltungen und Komparatoren involviert deren Ausgangssignale geglättet werden. Das bedeutet das der Motor keine sich sprunghaft und stufig ändernde Steuerspannung/Motor-Bestromung bekommt. Er wird gerade so gering bestromt, das die Drehzahl aufrecht erhalten wird. Bei Abweichungen von der Soll-Drehzahl erhöht oder erniedrigt sich die Steuerspannung und damit der Motorstrom sanft gleitend.
Die häufig kolportierte Vorstellung, das der Plattenteller bei Abweichungen der Ist- von der Soll-Drehzahl kurzzeitige Schubser vom Motor mit dem vollen Drehmoment bekommt ist falsch!
Im täglichen Heim-HiFi Betrieb, wo eine Platte weitgehend ungestört ihre Runden dreht, stellt ein kräftiger Drehmoment-starker Motor daher keinen Vorteil dar. Der stärkere Motor kann nur kräftige, grobe Abweichungen und starke Belastungen schneller in den und länger im Quartz-gelockten Bereich betreiben, wo der schwächere Motor länger braucht und früher den Quartz-Lock verliert. Solche Belastungsfälle sind der Anlauf, sowie das Scratchen im DJ-Betrieb.
Das zeigt sich exemplarisch bei dem Vergleich des ´Diskotheken-Spielers´ SL-1200MK2 mit dem ´Heim-HiFi Spieler´ SL-Q2, die den gleichen Motor und die gleichen PLL- und Motortreiber ICs verbaut haben. Nur das Motortreiber-IC wird beim SL-1200MK2 mit 21V statt den 12V des SL-Q2 versorgt, was einen schnelleren Hochlauf erlaubt. Ansonsten sind die Spieler in enscheidenden Punkten elektronisch identisch!
Das gewisse Direkttriebler als klanglich rauher empfunden werden, mag daran liegen, daß sich durchaus Artefakte aus der Spannungsversorgung auf den PLL-Signalen feststellen lassen, daß Pulse aus dem Frequenzgenerator- und PLL-Teil auf die DC-Spannungsversorgung durchschlagenkönnen. Auch die Qualität und Schnelligkeit der Regelung selbst lässt sich anpassen.
Das sind aber in der Regel Probleme der Aufbereitung und der Qualität der Spannungsversorgung.
Sie lassen sich durch verbesserte Netzteile und getrennte Versorgung der ICs (vor allem das Regler- und das Motortreiber-IC) beseitigen.
Es gibt kommerzielle Tweaks, die aber oft nur ein externes Netzteil und allenfalls den Hauptregler tauschen. Das ist zwar nicht völlig konsequent, aber es reicht das viele Berichte von deutlichen ´Verbesserungen´ sprechen.
Ein Riementriebler ist bei hoher Tellermasse, geringem Motordrehmoment, großer Übersetzung der Drehzahlen und weicher Kopplung über einen Gummiriemen prinzipiell träger. Das heisst, das die Zeitkonstanten, die beschreiben wie lange das System braucht um auf eine Störung zu reagieren und auszuregeln, sehr groß sind.
Oder anders gesagt läuft ein Riementriebler eigentlich nie exakt auf Drehzahl, bzw. mit höheren Gleichlaufschwankungen als ein Direkttriebler.
Gut gemacht und sauber eingestellt ist ein DD daher mindestens auf Augenhöhe zu einem Riementriebler.
Als Tonarm für dieses Projekt wird ein Rega RB300 genutzt, den ich schon vor Jahren gebraucht erworben, aber nie auf einem Laufwerk aufgebaut hatte. Der Rega ist von seiner Erscheinung und seinen Fähigkeiten wohl bekannt.
Auf der Plus-Seite stehen das in einem Gussverfahren hergestellte steife Armrohr, einfache robuste Lager, Auflagekrafteinstellung per Feder und viele Informationen im Internet.
Auf der Minus-Seite stehen geringe Flexibilität durch fehlende Höhen- und Azimuth-Einstellungen, ein festes Headshell, eine nur durchschnittliche Lagerqualität und teils doch deutliche Schwankungen in der Qualität des Finishes.
Seine schnörkellose optische Erscheinung fasziniert heute noch so wie in den 80er Jahren, als er neu auf den Markt kam. Er passt somit gut zum reduzierten Design des MyTechnics.
Der Arm wurde drei Modifikationen unterzogen. Zum einen habe ich die Verkabelung geändert, zum zweiten die Auflagekraft-Feder leicht bedämpft und als drittes ein schwereres Auflagegewicht drehen lassen. Die Modifikationen sind einfach auszuführen, ohne den Arm komplett zerlegen zu müssen. Anleitungen findet der Interessierte im Internet. Für das Gegengewicht habe ich ein wenig gerechnet und gezeichnet, sodaß es für den ca. 12gr schweren Tonabnehmer passt.
Der Tonabnehmer ist ein MusicalLife Andante. Er basiert auf einem Denon DL-103.
Er erhielt einen neuen Nadelträger mit einer Shibata Nadel, ein schwereres Holzgehäuse und eine cryogenische Behandlung. Das führt zu einem feineren Auflösungsvermögen ohne die Stärken des Denon wie die angenehme, lebendige Mittelton Wiedergabe aufzugeben.
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